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Das Anlegen des Sicherheitsgurts ist heute weitgehend akzeptiert. Wie eine aktuelle Studie des ACL zum Fahrverhalten zeigt, schnallen sich innerorts 96 % der befragten Fahrer an, außerhalb sind es 97 %.

Der Weg dorthin war jedoch lang. Die erste Idee für einen Sicherheitsgurt hatte der Luftfahrtpionier George Cayley im frühen 19. Jahrhundert. Das erste offizielle Patent für einen Sicherheitsgurt im Auto wurde 1885 von Edward J. Claghorn in New York angemeldet, hauptsächlich für Taxis.

Der moderne Dreipunkt-Sicherheitsgurt, wie wir ihn heute kennen, wurde jedoch 1959 von Nils Bohlin, einem schwedischen Ingenieur bei Volvo, erfunden. Er baute ihn in den Volvo PV544 ein. Serienmäßig lief der Gurt erstmalig mit dem Volvo Amazon vom Band, einem Modell, das in mehreren Werken weltweit, darunter in Göteborg, Gent, Halifax und Durban, 667.323-mal produziert wurde. (Er wurde ab 1970 durch die Volvo-Baureihe 140 ersetzt.) Der schwedische Hersteller gab das Patent direkt frei, um die Verkehrssicherheit weltweit zu verbessern.

Die Luxemburger, schon immer Musterschüler

Erst in den 1970er Jahren wurde das Anschnallen nach und nach zur Pflicht. In Europa wurde die Gurtpflicht schrittweise eingeführt. In Frankreich beispielsweise galt sie 1973 außerorts und für die vorderen Sitze, 1979 dann innerorts und schließlich 1990 auch für die Passagiere auf den hinteren Sitzen.

In Luxemburg wurde die Gurtpflicht auf den Vordersitzen im Juli 1975 und sieben Jahre später für die Rückbank eingeführt.

Im Luxemburger Wort vom 4. Juli 1975 wird in einem Artikel beschrieben, dass viele verantwortungsbewusste Autofahrer bereits lange vor der Einführung der Gurtpflicht in Luxemburg aus Vernunftgründen angeschnallt waren. Laut Artikel folgten luxemburgische Autofahrer dieser Regel ohne grossen Widerstand, obwohl sie als „Eingriff in die persönliche Freiheit“ empfunden wurde. Übrigens war es damals nicht ungewöhnlich, dass der Sicherheitsgurt in Autoanzeigen als Ausstattungsmerkmal hervorgehoben wurde, wie beispielsweise in dieser Werbeanzeige für einen Mercedes 250 SE vom 10. Juli 1975.

Vor allem aber weist der Artikel bereits auf die mangelnde Einheitlichkeit auf internationaler und europäischer Ebene hin. So habe die Gurtpflicht laut Artikel aufgrund der unterschiedlichen Rechtsvorschriften in den einzelnen Ländern für Verwirrung gesorgt, wie auch Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Spikereifen. Um den Autofahrern die Orientierung zu erleichtern, hatten die Internationale Tourismusallianz und der Nationale Automobilverband ein sechsseitiges Dokument veröffentlicht, in dem die in den einzelnen Ländern geltenden Vorschriften zusammengefasst waren.

Darin ist zu erfahren, dass in folgenden europäischen Ländern das Anlegen des Sicherheitsgurts für Fahrer, einschließlich Luxemburger, die im Ausland unterwegs sind, vorgeschrieben ist: Belgien, Frankreich, Niederlande, Schweden, Spanien und Tschechoslowakei.

Diese Verwirrung ist verständlich. In Deutschland beispielsweise wurde das Anlegen des Sicherheitsgurts für Fahrer und Beifahrer auf den Vordersitzen zwar 1976 vorgeschrieben, doch sah das Gesetz keine Strafen für das Nichtanlegen des Gurtes vor. Erst 1979 wurde die Gesetzgebung verschärft und Bußgelder für Verstöße eingeführt. Es sei noch angemerkt, dass die Quelle des damaligen Journalisten bereits der Automobilclub Luxemburg war.

Sicherheitsgurte und Sicherheit, eine Debatte der Ideen zu jener Zeit

„Der Sicherheitsgurt ein Feigenblatt vor Verkehrsordnungsblößen“, schreibt die Luxemburger Auto-Revue in ihrer neuesten Ausgabe. Der Editorialist meint dabei u. a.: „Es besteht der Verdacht, daß der Pflichtgurt eine Alibifunktion zu erfüllen hat, daß man es versäumt hat, wie in anderen Ländern, in denen es nicht Pflicht ist, den Sicherheitsgurt zu tragen, Maßnahmen zu ergreifen, die zugleich billiger und wirksamer sind. Der Sicherheitsgurt, selbst pflichtverordnet, ist kein wirksamer Schutz gegen Trunkenheit am Steuer. Wir glauben fest daran, daß man es sich hierzulande mit drastischen Geschwindigkeitsbeschränkungen und der Verpflichtung auf Sicherheitsgurte verkehrspolitisch zu leicht macht. Viele sind auch mit Recht der Meinung, ohne Kopfstützen sei der Sicherheitsgurt sogar gefährlich. Die Statistiken weisen auf viele tödliche Genickbrüche (,coup de lapin*) hin. Es ist ferner ein lächerlicher Widerspruch der Verkehrsordnung, daß man sich zwar auf den Vordersitzen eines Wagens anschnallen muß, daß es aber weiter erlaubt ist, dort Schoßhündchen mitzuführen, daß man sich zwar festgurten muß, andererseits über dem Fahren in Ortschaften, dem Manövrieren sogar, geraucht werden darf.“

Es ist daher verständlich, dass die Verkehrssicherheitspolitik bereits ein aktuelles Thema war, da der betreffende Leitartikel die Gurtpflicht als symbolische Maßnahme kritisierte, die die Untätigkeit in anderen Bereichen der Verkehrssicherheit verschleiere. Der Autor stellte damit (zu Unrecht) die tatsächliche Wirksamkeit der Gurtpflicht in Frage, insbesondere angesichts fehlender Ausstattungsmerkmale wie Kopfstützen, und prangerte in ironischem und provokativem Ton die Unstimmigkeiten der Straßenverkehrsordnung an.

Eine Geldstrafe von 145 Euro und 2 Punkte Abzug

Heute geht aus mehreren Studien hervor, dass der Sicherheitsgurt das Risiko, bei einem Unfall zu sterben, um 40 bis 50 % senkt. Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h beträgt die Kraft, die erforderlich ist, um einen 75 kg schweren Körper zurückzuhalten, 2,5 Tonnen: ein Aufprall, der einem Sturz aus dem 3. Stock entspricht! Der Gurt hält einer Kraft von mehr als 3 Tonnen stand, während die Armmuskeln kaum mehr als 25 kg tragen können.

Zur Erinnerung: Das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts ist in allen Ländern der Europäischen Union mit einer Geldstrafe belegt. In Luxemburg wird das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts mit einer Geldstrafe von 145 Euro und einem Abzug von 2 Punkten für folgende Verstöße geahndet:

  • Nicht vorschriftsmäßiges Anlegen des Sicherheitsgurts durch den Fahrer eines Kraftfahrzeugs.
  • Beförderung eines Kindes unter 3 Jahren in einem Kraftfahrzeug (…) ohne dass es in einer zugelassenen Rückhaltevorrichtung gesichert ist.
  • Beförderung eines Kindes im Alter von 3 bis 17 Jahren, dessen Körpergröße 150 cm nicht erreicht, in einem Kraftfahrzeug (…) ohne dass es in einer zugelassenen Rückhaltevorrichtung gesichert ist.