Im Viertel Elmen der Gemeinde Kehlen geht die Mobilität neue Wege. Ab Juli können die Bewohner Carsharing testen. Diese Initiative hat die Gemeinde in Partnerschaft mit dem ACL und der technischen Unterstützung von Moovee ins Leben gerufen. Das Ziel: Die Abhängigkeit vom eigenen Auto verringern und einen nachhaltigeren Lebensstil fördern.
Der Ortsteil Elmen, in dem heute etwa 735 Einwohner leben, wurde von Anfang an durchdacht geplant: keine privaten Garagen, sondern zentrale Parkflächen in höchstens 200 Meter Entfernung zu den Wohnungen. Das Ziel: den Autoverkehr auf den Straßen verringern, Anreize für sanfte Fortbewegungsarten bieten und den öffentlichen Raum freundlicher gestalten, vor allem für Kinder.
„Wir wollten von Anfang an ein Quartier mit weniger Autos schaffen, mit mehr Leben auf den Straßen, so wie in alten Dörfern“, erläutert Marc Bissen (LSAP), erster Schöffe der Gemeinde Kehlen. Ursprünglich sollte eine RGTR-Buslinie Elmen direkt mit Luxemburg-Stadt verbinden. Doch die gibt es bisher noch nicht. In der Zwischenzeit hat die Gemeinde mehrere Studien und partizipative Workshops durchgeführt, um ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der Bewohner zu entwickeln.
Eine erste, zusammen mit der Universität Luxemburg auf Ebene der Gemeinde durchgeführte Studie ergab, dass nur begrenztes Interesse an Carsharing bestand. Die Bewohner äußerten eher ihre Erwartungen in Bezug auf öffentliche Verkehrsmittel und eine Infrastruktur, die Fußgänger und Radfahrer berücksichtigt. Doch eine zweite, gezieltere Umfrage, die nur im Ortsteil Elmen durchgeführt wurde, ergab ein anderes Bild. Die meisten Haushalte besitzen zwei Autos, aber viele der Bürger wären bereit, auf das zweite zu verzichten, wenn es eine zuverlässige Alternative gäbe.
Vor diesem Hintergrund entstand das Carsharing-Projekt. Gestartet wird mit zwei elektrischen Renault 5, die nur den Einwohnern des Quartiers zur Verfügung stehen. „Dabei handelt es sich um ein kompaktes Auto, das sich leicht fahren lässt, eine gute Reichweite hat und sich durch ein recht sympathisches Design auszeichnet. Es wurde in Luxemburg (und in Europa) zum Auto des Jahres gewählt, was es auch für die Benutzer attraktiv macht“, unterstreicht Marc Bissen. Die Wahl eines Elektroautos entspricht dem Willen, umweltfreundlich zu handeln.

Der neue Service wird ab Juli zur Verfügung stehen. Die Gemeinde will nach einem Jahr eine erste Bilanz ziehen. Ziel ist es, die tatsächliche Nutzung, die Zufriedenheit der Einwohner und die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Services zu beurteilen. Bei positiven Ergebnissen könnten weitere Fahrzeuge das Angebot erweitern, vielleicht auch größere. „Wir müssen uns die Nutzung und den Bedarf ansehen, also ob die Einwohner die Autos nutzen, um ihre Einkäufe zu erledigen, die Kinder zu Aktivitäten fahren usw.“, erläutert der erste Schöffe.
Ein erschwinglicher Tarif
Aus einer zuvor durchgeführten Studie geht hervor, dass ein Drittel der Haushalte Interesse am Carsharing hat, während 63 Prozent sich eher zurückhaltend äußerten. Argumente für die gemeinsame Nutzung sind die Wirtschaftlichkeit, die geringeren Umweltauswirkungen und der einfache Zugang. Für Zurückhaltung sorgen die Verfügbarkeit von Fahrzeugen, die Kosten und die Komplexität der Nutzung. Die Kosten für den Nutzer sind also ein wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen gilt. Dessen ist sich die Gemeinde bewusst. „Eine Gemeinde verfolgt nicht das Ziel, Geld zu verdienen; sie will vielmehr ihren Einwohnern Dienstleistungen anbieten. Der Preis ist ein entscheidender Faktor, um die Attraktivität von Carsharing zu gewährleisten. Wir arbeiten an einer erschwinglichen Tarifgestaltung, ohne dass das Projekt zu hohe Kosten für die Gemeinde verursacht“, sagt Marc Bissen.
Konkret bedeutet dies, dass der Preis bei 2,75 Euro pro Stunde zwischen 7 und 20 Uhr beträgt, zu denen noch 40 Cent pro Kilometer hinzukommen. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Wenn man seine Einkäufe in Luxemburg-Stadt (34 Kilometer hin und zurück) erledigt und dafür drei Stunden braucht, kostet das 21,85 Euro. Geht man von einem Einkauf pro Woche aus, ergibt das 89,40 Euro pro Monat. Diese Kosten sind durchaus geringer als die für ein eigenes Auto. Von 20 bis 7 Uhr morgens ist der Tarif günstiger. Dann fallen 1,50 Euro pro Stunde und wieder die 40 Cent pro Kilometer an. Der ACL übernimmt den Pannendienst, wenn es Probleme gibt.
Die Gemeinde plant auch, Anreize zu setzen wie etwa Gutscheine über einen bestimmten Betrag, damit die Bewohner diesen neuen Service testen können, bevor sie sich dafür entscheiden.
Gemeinsamkeit nicht nur beim Carsharing
Das Projekt ist nur ein Teil einer breiter angelegten Entwicklung des Quartiers. Am 15. Juli wird die Gemeinde eine täglich geöffnete Brasserie und die „Maison pour tous“ einweihen, ein Gemeindehaus, das den Bürgern zur Verfügung steht und für das ein Quartiersbetreuer zuständig sein wird. Das Ziel ist klar: Elmen soll ein Ort für ein angenehmes, nachhaltiges und solidarisches Leben werden. „Wir werden einen schönen Ort haben mit einem Quartiersbetreuer, der Projekte von Vereinen koordiniert, Konzerte und Theateraufführungen veranstaltet, den Zugang zu Kunst fördert, Quartiersfeste und -abende organisiert … Gemeinsamkeit – das ist der Kern dessen, für das eine Gemeinde steht. Beim Projekt des Carsharings geht es nicht nur um Mobilität – es ist eine Art anders zusammenzuleben“, so das Fazit von Marc Bissen.
Der ACL – ein strategischer Partner bei Mobilitätsprojekten
Als zentraler Akteur im Bereich Mobilität in Luxemburg ist der Automobil-Club Luxemburg (ACL) ein wichtiger Partner im Rahmen des Carsharingprojekts in Elmen. Er arbeitet eng mit der Gemeinde Kehlen zusammen. Damit verdeutlicht der ACL seine wachsende Rolle als Förderer innovativer Lösungen für Kommunen.
„Zu den Missionen des ACL gehört es, Gemeinden und unsere Mitglieder bei der Umsetzung passender Mobilitätslösungen zu begleiten. Wir übernehmen die Rolle eines Bindeglieds zwischen den Kommunen und den technischen Partnern und achten darauf, dass die angebotenen Leistungen gleichermaßen erschwinglich, zuverlässig und nachhaltig sind“, sagt Miriam Eisenmenger, CEO des ACL.
Als Beispiele führt sie das Carsharing in Elmen an, aber auch die Lastenfahrräder, die Gewerbetreibenden in Esch-sur-Alzette zur Verfügung gestellt werden. „Das Auto kann wie jedes andere Verkehrsmittel einen Beitrag zum ökologischen Wandel leisten, wenn es in ein kohärentes und verantwortungsvolles Konzept eingebunden wird. Indem wir die richtigen Akteure in konkreten und innovativen Projekten vereinen, verleihen wir der Mobilität der Zukunft erst ihren eigentlichen Sinn“, lautet ihr Fazit.
Ein rein digitaler Schlüssel
Das Unternehmen Moovee, das Carsharing bereits in mehreren Firmen des Landes sowie in Belgien umsetzt, hat die beiden Renault 5 technologisch so ausgerüstet, dass sie gemeinsam genutzt werden können.
Die Funktionsweise ist einfach: Nutzer laden eine App herunter, erstellen ein Konto, geben den Code des Standorts ein, um Zugang zu den verfügbaren Fahrzeugen zu erhalten, und buchen dann je nach Verfügbarkeit ihr Zeitfenster. Die Zahlung ist automatisiert und das Smartphone fungiert als Schlüssel. „Die Nutzung ist wirklich sehr einfach. Der Benutzer bucht sein Fahrzeug über die App. Vor Ort erstellt er mit Unterstützung durch die App ein kurzes Übernahmeprotokoll zum Fahrzeugzustand, öffnet das Fahrzeug mit seinem Smartphone und fährt los. Am Ende schließt er seine Buchung ab. Die Nutzungsdauer und die gefahrenen Kilometer werden ihm in Rechnung gestellt“, erläutert Sébastien Berthelot, CEO von Moovee.
Der Algorithmus von Moovee berechnet auch die erforderliche Zeit für das Wiederaufladen des Fahrzeugs an einer hierfür vorgesehenen 11-kW-Ladestation und erstellt entsprechende Zeitfenster. „Wir haben verschiedene Fahrten unter Berücksichtigung des Bedarfs simuliert und sind zu dem Schluss gekommen, dass dieses Modell für den Bedarf der Anwohner ausreichend ist“, unterstreicht Sébastien Berthelot.
Ein weiterer interessanter Punkt ist, dass ein Monitoring der Fahrzeuge erfolgt und dass das Unternehmen auf der Grundlage der präzisen Nutzungsdaten (Fahrzeiten, durchschnittliche Buchungsdauer usw.) erste Rückmeldungen zur Nutzung durch die Anwohner liefern kann. Dies ermöglicht der Gemeinde, den Service je nach Bedarf anzupassen.