Kilowatt, Kilowattstunden, Volt – das Aufladen eines Elektrofahrzeugs mag komplex erscheinen. Wir entschlüsseln ein System, das sich im Umbruch befindet.
Eine Zahl findet sich immer häufiger in den technischen Daten von Elektrofahrzeugen: 800 V. Ein Wert, der durchaus von Bedeutung ist. Denn während die meisten E-Fahrzeuge mit einer elektrischen 400-V-Architektur arbeiten, setzen die neusten Modelle wie der Volvo ES90, der Porsche Taycan, der Audi e-tron GT, der Hyundai Ioniq 5 und 6, der Kia EV6 und der Genesis GV6 auf eine doppelt so hohe Spannung. Ziel ist es, wesentlich schneller zu laden, insbesondere an Ultra-Schnellladestationen. Doch wie genau funktioniert das?
Volt, Kilowatt, Kilowattstunden – was ist was?
Um das zu verstehen, müssen wir zunächst drei wesentliche Begriffe der Elektromobilität klären.
• Das Volt (V) ist die Kraft, die die Elektronen durch den Stromkreis drückt, vergleichbar mit dem Druck in einem Wasserschlauch. Je größer sie ist, desto schneller fließt der Strom.
• Das Kilowatt (kW) ist die Leistung, das heißt die Strommenge, die in einem bestimmten Moment fließt. Hierdurch wird die Geschwindigkeit des Aufladens bestimmt.
• Die Kilowattstunde (kWh) steht schließlich für die Menge an Energie, die über einen bestimmten Zeitraum (eine Stunde) zur Verfügung gestellt werden kann, mit anderen Worten der „elektrische Kraftstoff“ im Akku des Fahrzeugs.
Ein typisches Elektrofahrzeug verfügt über eine Batterie mit 60 bis 100 kWh. Um sie zu „füllen“, muss die Ladestation über einen bestimmten Zeitraum eine bestimmte kW-Leistung bereitstellen. Eine 11-kW-Ladestation benötigt etwa sieben Stunden, um eine 77-kWh-Batterie vollständig zu laden. Und eine 350-kW-Ladestation? Weniger als 20 Minuten, um von 10 auf 80 Prozent zu laden (je nach Ladegerät im Fahrzeug).
Warum ändern 800 V alles?
Der Vorteil einer 800-V-Architektur liegt in der Fähigkeit, mehr Leistung bei geringerer Erwärmung zu liefern. Denn nach der Formel für die elektrische Leistung (P = U x I) braucht man entweder eine hohe Spannung (U) in Volt oder viel Strom (I) in Ampere, um eine hohe Leistung (P) in Watt zur Verfügung zu stellen. Verdoppelt man die Spannung, verringert sich der benötigte Strom, wodurch Energieverluste durch Überhitzung von Kabeln und elektrischen Bauteilen begrenzt werden.
Das Ergebnis: 800-V-Fahrzeuge können die Schnellladestationen der neuen Generation (150 bis 350 kW) voll ausnutzen, während 400-V-Modelle oft auf 125 bis 150 kW beschränkt sind.
Wo kann man mit 800 V laden?
Doch erst einmal müssen Fahrer geeignete Ladestationen finden. Im öffentlichen Netz in Luxemburg gibt es 88 Ultra-Schnellladestationen „SuperChargy“, die an großen Verkehrsadern und an Park-and-Ride-Parkplätzen zu finden sind. Sie bieten bis zu 350 kW und sind somit voll kompatibel mit 800-V-Fahrzeugen. Diese Ladestationen werden in Europa von Anbietern wie Ionity, Fastned oder auch Tesla mit den Superchargern V4 verstärkt installiert.
Aber Achtung: An 11-kW-Ladestationen, die in Städten und in Privathaushalten sehr verbreitet sind, können Autobesitzer die Vorteile der 800-V-Architektur nicht nutzen. Sie laden mit derselben Geschwindigkeit wie bei einem 400-V-Fahrzeug über das Ladegerät an Bord des Fahrzeugs. Der Vorteil von 800 V kommt nur an Gleichstromladestationen mit sehr hoher Leistung zum Tragen.
Ideal für Vielfahrer
Wenn Sie im Wesentlichen zu Hause laden, bringt ein 800-V-Fahrzeug keinen bedeutenden Vorteil. Gehören Sie jedoch zu den Vielfahrern, die häufig auf Autobahnen und Langstrecken unterwegs sind, ist die 800-V-Architektur ein echter Fortschritt. Immer vorausgesetzt, dass der Ausbau der Ladestationen vorankommt.