Wussten Sie, dass zwei Motorräder mit demselben Hubraum sich grundlegend unterscheiden können? Wir erklären, warum.
Spricht man über Motoren, fallen häufig Begriffe wie Hubraum, Leistung oder Drehmoment. Doch entscheidend für einen Motor ist vor allem eines: das Verhältnis von Zylinderdurchmesser zu Hub.
Dieser kaum bekannte Indikator entscheidet darüber, ob ein Motor geschmeidig mit viel Drehmoment läuft oder hochdreht und drehfreudig ist. Er ist der Grund dafür, warum ein Motor mit 1.800 cm³ Hubraum bei 5.500 U/min seine Höchstleistung erreicht, während ein Sportmotorrad mit einem Hubraum von 600 cm³ erst jenseits von 14.000 U/min aufheult.
Das Duo aus Zylinderdurchmesser und Hub
Zunächst einmal gilt:
- Der Zylinderdurchmesser ist, wie sein Name schon sagt, der Durchmesser des Zylinders in Millimetern.
- Der Hub gibt an, wie weit sich der Kolben des Zylinders bewegt – von seinem höchsten Punkt, dem oberen Totpunkt (OTP), bis zu seinem Tiefpunkt, dem unteren Totpunkt (UTP). Diese Strecke wird in Millimetern gemessen.
Der Hubraum eines Motors ergibt sich direkt aus zwei Parametern:
- Hubraum (mm2) = m + ( alésage / 2)2 x course x nombre de cylindres
Neben dem Hubraum bestimmt auch das Verhältnis von Zylinderdurchmesser zu Hub das Verhalten des Motors.
Zur Identifizierung der Motorart muss dieses Verhältnis berechnet werden:
- Wenn Verhältnis <1 => Langhubmotor
- Wenn Verhältnis »1 => quadratischer Motor
- Wenn Verhältnis >1 => Kurzhubmotor oder überquadratischer Motor
Lang- oder Kurzhubmotor – die verschiedenen Motorprofile
- Langhubmotoren:
Das Verhältnis von Zylinderdurchmesser zu Hub liegt bei diesen Motoren unter 1. Der Hub ist also länger als der Zylinderdurchmesser. Diese Bauweise sorgt für hohes Drehmoment bereits im niedrigen Drehzahlbereich, schränkt aber die Drehfreudigkeit ein. Das Ergebnis: weniger Leistung und eine maximale Drehzahl von meist 8.000 U/min. Solche Motoren finden sich in der Harley-Davidson Milwaukee Eight oder der Royal Enfield Meteor 350. Sie sind bestens geeignet zum Cruisen, fürs Touring oder ein geschmeidiges, wenig anspruchsvolles Fahren.
- Kurzhub- oder überquadratische Motoren:
Kennzeichnend für diese Motoren ist ein Verhältnis von Zylinderdurchmesser zu Hub von über 1. Der Zylinderdurchmesser ist also größer als der Hub. Diese Konfiguration ermöglicht sehr hohe Drehzahlen von teilweise über 14.000 U/min. Solche Motoren sind reaktiver und leistungsstärker, verlieren jedoch an Drehmoment im unteren Drehzahlbereich. Ein größerer Zylinderdurchschnitt führt dagegen oft zu einer größeren Querausdehnung und einer breiteren Bauweise des Motors. Zum Einsatz kommen diese Motoren in der Honda CBR 1000 RR, der Ducati Panigale V4, der Kawazaki ZX-10R und der Yamaha R1. Sie eignen sich für Sportmotorräder, bei denen hohe Drehzahlen, schnelle Reaktion und maximale Leistung gefragt sind.
- Quadratische Motoren:
Das Verhältnis von Zylinderdurchmesser zu Hub liegt bei diesen Motoren nahe 1. Die Abmessungen des Zylinderdurchmessers und des Hubs sind also fast identisch. Diese Bauweise bietet den idealen Ausgleich zwischen Flexibilität bei niedrigen Drehzahlen und Leistung im hohen Drehzahlbereich. Die Folge: eine ausgewogene Drehmomentkurve und Motoren, die vielseitig einsetzbar sind. Solche Motoren finden sich in der Honda CB500 und der Goldwing, für die Flexibilität, Hub im niedrigen Drehzahlbereich und Nutzungskomfort Priorität haben.
Verwendung | Ideale Motorart | Wofür? |
Stadt / Stadtgebiet | Langhubmotor | gute Beschleunigung aus niedrigen Drehzahlen, „elastischer“ Motor |
Ausfahrt / mit Sozius | Langhubmotor / quadratischer Motor | Fahrvergnügen, Komfort |
Sport / Rennstrecken | überquadratischer Motor / Kurzhubmotor | hohe Drehzahl, besonders hohe Leistung |
Warum diese Differenz?
Sie ergibt sich aus der durchschnittlichen Geschwindigkeit des Kolbens. In einem Langhubmotor legt der Kolben bei jedem Zyklus eine größere Strecke zurück. Dadurch ist er einer höheren Trägheit ausgesetzt, muss anspruchsvollere mechanische Anforderungen bewältigen und stößt bei der Motorendrehzahl schneller an physikalische Grenzen. Solchen Motoren fehlt es an Drehfreudigkeit und ihre maximale Geschwindigkeit ist geringer.
Ein Kurzhubmotor oder „überquadratischer“ Motor ermöglicht höhere Drehzahlen, den Einsatz größerer Ventile für eine bessere Luftzufuhr und eine effizientere Kühlung. Allerdings fehlt es ihm bei niedrigen Drehzahlen an Drehmoment, sofern keine variable Einlasssteuerung oder andere Lösungen zum Einsatz kommen.
Fazit
Die Geometrie und vor allem das Verhältnis von Zylinderdurchmesser zu Hub prägen die Charakteristik eines Motors. Entscheidend sind nicht nur Leistung und Hubraum, sondern auch die mechanische Signatur des Motors.
Vergleichstabelle für Motorräder:
Motorrad | Bauweise | Zylinderdurchmesser x Hub (mm) | Art | Drehmoment (Nm) | Drehzahl Leistung max. (U/min) |
Harley-Davidson Road Glide | V-Twin | 103,5 x 114,3 | Langhubmotor | 175 | 5.020 |
Royal Enfield Meteor 350 | Einzylinder | 72 x 85,8 | Langhubmotor | 27 | 6.100 |
Honda CB500 Hornet | Zweizylinder-Reihenmotor | 67 x 66,8 | quadratisch | 43 | 8.600 |
Triumph Street Triple 765R | Dreizylinder-Reihenmotor | 78 x 53,4 | überquadratisch | 80 | 11.300 |
Honda 600 CBR RR | Vierzylinder-Reihenmotor | 67 x 42,5 | stark überquadratisch | 63 | 14.250 |
Ducati Panigale V4 | V4 | 81 x 53,5 | stark überquadratisch | 120,9 | 13.500 |