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Welche Aktivitäten beim Autofahren ablenken und warum uns Multitasking schnell überfordert.

Wer kennt die Situation nicht? Während einer kurzen Unachtsamkeit hinter dem Lenkrad erfolgt etwas Unvorhergesehenes. Eine Schrecksekunde für den Fahrer – wenn auch ohne weitere Folgen. Doch nicht immer geht es gut aus: Unaufmerksamkeit und Ablenkung zählen laut mehreren Studien zu den häufigsten Unfallursachen im Straßenverkehr. Wir sind uns oft nicht bewusst, dass die Teilnahme am Verkehr unsere volle Aufmerksamkeit erfordert. So müssen wir zum Beispiel einen Fußgängerüberweg erkennen, anschließend verstehen, dass eine Person diesen überqueren will, und unser Fahrzeug rechtzeitig zum Stillstand bringen. Das Autofahren erscheint oft ohne große Anstrengung zu erfolgen. Die Situation am Fußgängerüberweg ist zwar leicht zu meistern und doch sind unsere kognitiven Fähigkeiten gefordert, in diesem Fall das Erkennen und Verstehen sowie die richtige Entscheidung zum gegebenen Zeitpunkt. Bei Gefahrensituationen, bei denen unser akustisches, visuelles, kognitives und motorisches Vermögen durch Ablenkung eingeschränkt wird, erhöht sich das Unfallrisiko erheblich. Zahlreiche Aktivitäten, die mit dem Steuern eines Fahrzeuges nur geringfügig kompatibel sind wie das Bedienen technischer Geräte und äußere Reize, lassen unsere Konzentration schnell sinken:

  • Ablenkung durch Geräusche: Zu laute Musik oder schreiende Kinder auf der Rückbank können uns akustisch ablenken.
  • Visuelle Ablenkung: Dazu zählen ein längeres Schauen aus dem Seitenfenster, das Umdrehen zur Rückbank, wenn Kinder oder Haustiere mitfahren, oder das Aufheben eines Gegenstands vom Fahrzeugboden. Beim Lesen oder Schreiben einer Nachricht am Mobiltelefon blicken Autofahrer mehrere Sekunden lang nicht auf die Straße. Das Gleiche gilt bei der Bedienung komplexer Multimediageräte sowie beim Eingeben einer Adresse ins Navigationssystem. Innerhalb von drei Sekunden bei 50 km/h legen wir 42 Meter zurück und das ohne Blick auf das Verkehrsgeschehen.
  • Kognitive Unaufmerksamkeit: Wenn wir anderen Gedanken nachgehen, kann das potenziell sehr gefährlich werden. Wichtige Informationen oder Objekte, die wir unter normalen Umständen registrieren würden, werden nicht mehr wahrgenommen und unsere Reaktionszeit verlängert sich deutlich. Hierzu zählen: ausführliche Gespräche mit Fahrzeuginsassen oder Unterhaltungen über das Mobiltelefon (auch mit Freisprechanlage), Emotionen ausgelöst durch den Straßenverkehr wie Wut und Ärger, Nachdenken und Tagträumen, Essen und Trinken, das Lesen oder Tippen von Nachrichten am Smartphone sowie die Bedienung von Multimediageräten und Navi mit komplexer Handhabung.
  • Motorische Ablenkung: Durch die Bedienung von Handy, Radio, Navi, beim Reinigen der Windschutzscheibe, der Suche nach Gegenständen oder beim Essen und Trinken befinden sich beide Hände nicht mehr am Lenkrad. Wir können den Wagen in einer Notsituation nicht mehr optimal kontrollieren.

Die hier aufgezählten Typen von Unaufmerksamkeiten können einzeln oder in Kombination auftreten. Logischerweise sinkt unsere Aufmerksamkeit für den Verkehr sehr rasch, wenn mehrere Ablenkungen gleichzeitig stattfinden. Bestes Beispiel ist das Lesen oder Schreiben einer SMS. Bei einer rezenten ACL-Umfrage mit 6.298 Beteiligten gaben 17 Prozent an, manchmal Textnachrichten während der Fahrt zu schreiben, rund 5 Prozent haben mit „oft“ geantwortet. Laut der Umfrage surfen 13 Prozent zeitweise hinter dem Steuer im Internet, 5 Prozent tun dies häufig. In diesem Fall sind wir motorisch durch das Tippen und das Halten des Gerätes unaufmerksam, halten das Lenkrad während Sekunden nur eingeschränkt fest. Dazu sind wir kognitiv abgelenkt, da unsere Gedanken abschweifen, umso mehr, wenn die Nachricht uns emotional berührt. Hinzu kommt der visuelle Aspekt: Wir richten unseren Blick nicht mehr auf die Fahrbahn. In dieser Kombination ist unser Gehirn nicht mehr in der Lage, angemessen auf eine bestimmte Verkehrssituation zu reagieren. Zudem ist eine objektive Gefahreneinschätzung nicht mehr möglich.

Moderne Fahrhilfen tragen ohne Zweifel zur allgemeinen Sicherheit bei. Assistenzsysteme wie der Spurhalteassistent oder die Abstandsregelung vermitteln aber auch ein Gefühl von automatisiertem Fahren. Eine gewisse Routine stellt sich ein, bei längeren Autobahnfahrten kann sogar Langeweile aufkommen. Aus diesem Grund sind wir schnell der Meinung, dass wir zusätzliche Tätigkeiten ohne Weiteres beim Autofahren bewältigen können, was jedoch nur sehr bedingt der Fall ist. Erledigen wir zwei Aktivitäten gleichzeitig, riskieren wir, dass unser Gehirn eine Aufgabe als nebensächlich einstuft. Multitasking wird oft überbewertet, in Wirklichkeit nimmt die Konzentration durch die ständig schnell aufeinanderfolgenden Tätigkeiten sehr rasch ab. Ein Nebeneffekt ist, dass wir beim Ausführen mehrerer Aufgaben gleichzeitig Wichtiges von Unbedeutendem nicht mehr angemessen unterscheiden können.

Durch Unaufmerksamkeit blenden wir unsere Umgebung zum Teil oder sogar ganz aus. Sprachbedienung und eine Freisprechanlage minimieren zwar unsere visuelle Beeinträchtigung, kognitiv sind wir jedoch weiterhin abgelenkt. Um die zahlreichen Aufgaben am Steuer möglichst gut zu bewältigen, bleibt der Fokus auf das Verkehrsgeschehen absolute Priorität. Das heißt, sich während der Fahrt unter anderem vom Radio, Navigations- und Multimediasystem sowie dem Smartphone nicht ablenken zu lassen – eigentlich eine Selbstverständigkeit.