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Selbstfahrende Autos sind technisch so weit, dass sie von Unternehmen gewerblich genutzt werden können. Was noch fehlt, sind ein gesetzlicher Rahmen und die entsprechende Infrastruktur. Luxemburg sieht sich in diesem Bereich als Vorreiter.

Werden selbstfahrende Fahrzeuge bald auf Luxemburger Straßen unterwegs sein? „Die Technik ist nun so weit, dass sie gewerblich genutzt werden kann“, erklärt Raphaël Frank, Forscher an der Universität Luxemburg und Experte für autonome Mobilität.

Vollkommene Autonomie wird auf diesem Entwicklungsstand jedoch nicht erreicht. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es verschiedene Entwicklungsphasen: Stufe 0 ohne Fahrerassistenz bis hin zu Stufe 5, bei der das Fahrzeug völlig autonom fährt.

„In den USA, in China und wahrscheinlich auch bald in Europa ermöglichen weitgehend automatisierte Autos wie von Tesla mit dem neuen Autopiloten ein fast vollständig autonomes Fahrerlebnis“, erläutert Raphaël Frank. „Das Fahrzeug kann beispielsweise eine Strecke durch San Francisco von A nach B zurücklegen, ohne dass eine Person das Steuer berühren muss.“ Der Insasse haftet aber, wenn es zu einem Unfall kommt. Es ist daher wenig empfehlenswert, sich auf die Rückbank zu setzen oder ein Buch zu lesen. Es handele sich hierbei vielmehr um ein „stark autonomes Assistenzsystem“, sagt Raphaël Frank.

Bei der nächsthöheren Stufe muss ein technischer Stand erreicht sein, bei dem das Fahrzeug in bestimmten streng festgelegten Situationen völlig selbstfahrend ist, beispielsweise auf Autobahnspuren, die wenig anspruchsvoll und ausschließlich selbstfahrenden Autos vorbehalten sind. Die Insassen können sich dann entspannt zurücklehnen. „In der Stadt, in der viele Fußgänger unterwegs sind, ist das autonome Fahren natürlich mit vielen Herausforderungen verbunden“, erklärt Raphaël Frank.

Robotaxis mit 5G-Fernüberwachung

Das Erreichen der Stufe 5 liegt zwar noch in weiter Ferne, eine technische Zwischenstufe würde jedoch für die gewerbliche Nutzung ausreichen. „Entscheidend ist, dass weder ein Ingenieur noch ein fachlich versierter Fahrer ständig im Fahrzeug anwesend sein muss. Ansonsten rechnet sich der Betrieb nicht“, so Raphaël Frank.

Robotaxi-Dienste – fahrerlos und mit Fernüberwachung – sind damit denkbar. Für das Monitoring dieser Fahrzeuge sind leistungsstarke Netze wie 5G erforderlich. Sie übermitteln Telemetriedaten in Echtzeit, sodass im Fall der Fälle ein Mitarbeiter des Anbieters die Kontrolle über das Fahrzeug aus der Ferne übernehmen und es wieder auf die richtige Spur bringen kann.

In Luxemburg brachten kürzlich der Telekommunikationsanbieter POST und das Unternehmen Ohmio (das insbesondere mit den CFL einen autonomen Shuttle-Dienst entwickelt) das Projekt 5G Drive auf den Weg. Ziel ist es zu testen, ob das Netz zur Überwachung eines Fahrzeugs genutzt werden kann. Der Datenverkehr im Netz muss dafür so gesteuert werden, dass die Verzögerung zwischen Kontrollsystem und Auto minimal bleibt, denn „eine Verzögerung von ein bis zwei Sekunden ist für die Fernkontrolle des Fahrzeugs alles andere als optimal“, so Raphaël Frank.

Gesetzesänderung in Luxemburg geplant

Neben dem Erreichen des technischen Entwicklungsstands muss die Gesetzeslage für die gewerbliche Nutzung angepasst werden. Während dies bereits in den USA und in China der Fall ist, gibt es in Europa weiter Gesetzeslücken. Luxemburg bereitet eine Gesetzesänderung vor. Eine interministerielle Gruppe beschäftigt sich aktuell damit, die Rechtslage entsprechend anzupassen. Die Regierung hat dies als Ziel im Koalitionsvertrag festgelegt, um „als Land ein europäischer Vorreiter in diesem Bereich“ zu werden und sich als „lebendes europäisches Labor für selbstfahrende Fahrzeuge“ zu positionieren.

Raphaël Frank hält die Bedingungen in Luxemburg für ideal: Das relativ kleine Land ist politisch recht flexibel und verfügt über eine sehr gute Straßen- und Telekommunikationsinfrastruktur. Nach Meinung des Forschers könnte Luxemburg als „Testbed“ – eine kontrollierte Umgebung, in der neue Technologien getestet werden können – für Europa fungieren.

Hin zur autonomen Mobilität nach Bedarf

Raphaël Frank ist überzeugt davon, dass die Fahrerassistenzsysteme sich in Zukunft so stark weiterentwickeln, dass Autos komplett autonom werden. Dies würde eine Annäherung zwischen Robotaxis und individueller Mobilität ermöglichen. Ziel ist letztlich eine echte autonome Mobilität nach Bedarf. „Ein Autokauf wird überflüssig. Es reichen ein Monatsabo und eine App auf dem Handy, um ein selbstfahrendes Auto zu buchen. Es holt Sie überall dort ab, wo Sie es hinbestellen, und befördert Sie sicher an Ihren Zielort“, erklärt der Forscher. Das Fahrzeug könnte sich auch allen Kundenwünschen hinsichtlich Musik und Ambiente anpassen. Der Insasse wird das Gefühl haben, im eigenen Auto zu sitzen. Während der Fahrt kann er anderen Beschäftigungen nachgehen.

Das System würde die Anzahl an Fahrzeugen reduzieren. Autos stünden dann nicht mehr in der Garage, sondern wären ständig unterwegs. Das eigene Auto würde künftig nur noch an Wochenenden und auf Landstraßen für Fahrten ins Grüne genutzt. „Ich träume gerne von dieser Vision“, erzählt Raphaël Frank, wenngleich er einräumt, dass dieser Entwicklungsstand aktuell „noch nicht erreicht“ ist.