In der letzten „Autotouring“-Ausgabe (2/2024) haben wir im Detail die Funktion des Antiblockiersystems sowie der Traktionskontrolle beleuchtet. In diesem Beitrag zeige ich Ihnen einige weitere sinnvolle Motorrad-Assistenzsysteme, die Ihnen beim Fahren als Unterstützung dienen können.
Fahrmodi:
Durch die Auswahl von verschiedenen Programmen wie „Urban“, „Touring“, „Offroad“, „Rain“ und „Sport“ können Sie die Eigenschaften Ihrer Maschine auf die jeweilige Fahrumgebung optimal anpassen: Stadtverkehr, nasse Fahrbahn, Schotter, trockener Asphalt sowie wechselnde Wetterbedingungen. Je nach Ausstattung Ihres Bikes werden Motor, Fahrwerk, Traktionskontrolle und ABS angeglichen, individuelle Einstellungen dieser einzelnen Parameter sind bei aktuellen Modellen zunehmend möglich. Die verschiedenen Einstellungen bei der Motorsteuerung gewährleisten Ihnen zum Beispiel eine angemessene Gasannahme bei schlechten Wetterbedingungen.
Wheelie- und Hinterrad-Abhebe-Kontrolle:
Verhindert jeweils das Abheben eines Rades bei zu festem Beschleunigen sowie beim Bremsen. Die Kontrolle erfolgt durch eingeschränkte Motorkraft beim „Wheelie“ und über das ABS beim Abheben des Hinterrades.
Kombi-Bremssystem:
Die Bremsstabilität lässt sich durch die Verknüpfung von Vorder- und Hinterradbremse verbessern. Die Bremshebel sprechen auch auf das andere Rad an, die Bremskraft kann je nach Fahrsituation bestens verteilt werden.
Totwinkel-Assistent, Abstandsradar und Tempomat:
Der Totwinkel-Assistent warnt Sie vor einem sich seitlich befindenden Fahrzeug, das Sie im toten Winkel beim Seitenwechsel trotz Schulterblick übersehen könnten. Droht Gefahr, leuchtet ein Signal im Seitenspiegel auf. Sie müssen unbedingt bedenken, dass Sie beim Motorradfahren über ein eingeschränktes Sichtfeld verfügen und beim Abbiegen trotz des Assistenten einen Blick über die Schulter werfen sollten. Der Abstandsradar ermöglicht in Zusammenhang mit dem Tempomat eine adaptive Geschwindigkeitsanpassung zu dem vorausfahrenden Fahrzeug. Automatisch wird so der wichtige Sicherheitsabstand eingehalten. Dieser sollte mindestens zwei Sekunden betragen.
Kollisionswarnung:
Bei einer kritischen Annäherung an ein vorausfahrendes Fahrzeug und ohne Reaktion von Ihnen als Fahrer auf eine solche Gefahrensituation warnt Sie ein optisches sowie akustisches Signal vor einem Auffahrunfall.
Dynamische Fahrwerkseinstellung:
Wie schon beim Abschnitt über die Fahrmodi angedeutet, werden Federung und Stoßdämpfer auch elektronisch unterstützt. Bei einem herkömmlichen Fahrwerk passen Sie als Fahrer die Federvorspannung und die Dämpfung dem Gewicht – also bei einer Fahrt mit Sozius oder Gepäck – mithilfe von Werkzeug oder einem Drehrad an. Dieses manuelle System hat sich über die Jahre bewährt. Mit dem Einzug der Elektronik können Sie jetzt zu jeder Zeit die Fahrwerkselemente per Knopfdruck auf verschiedene Straßenbeschaffenheiten abstimmen. Bei hochwertigen Modellen gleichen sich Feder-, Stoßdämpfer- und Gabeleinstellungen mithilfe von elektrischen Stellmotoren an das Gewicht, die Geschwindigkeit und an den Straßenzustand an.
Vernetzung von Fahrzeugen und Straßeninfrastruktur:
Assistenzsysteme, die auf einer „Fahrzeug zu Fahrzeug“ basierenden Kommunikation beruhen, sollen das Motorradfahren in Zukunft sicherer gestalten. Eine potenzielle Gefahrensituation kann so vermieden werden, noch bevor sie entsteht. So können zum Beispiel Warnungen zwischen Fahrzeugen oder der Straßeninfrastruktur ausgetauscht werden, ehe die Gefahr für die beteiligten Verkehrsteilnehmer sichtbar wird. Da Motorradfahrer oft nicht frühzeitig erkannt werden, könnte die Wahrnehmbarkeit von herannahenden Bikes durch die Vernetzung mit anderen Fahrzeugen deutlich verbessert werden.
Weitere Systeme – aus dem Automobilbereich schon länger bekannt – sind unter anderem das Notrufsystem/eCall, blinkendes Bremslicht bei einer Vollbremsung, adaptives Kurvenlicht, Reifendruckkontrollsystem und Schilder- sowie Objekterkennung.
Das „Connected Motorcycle Consortium“ (CMC) ist eine nicht gewinnorientierte Organisation, bestehend aus Motorradherstellern, Forschern und Zulieferern. Es hat zum Ziel, Motorräder in die vernetzte Mobilität zu integrieren. Die Entscheidung, in Zukunft weitere Motorrad-Assistenzsysteme zu fördern, beruht auf den Resultaten der Forscher. Sie haben herausgefunden, dass bei den meisten Gefahrensituationen sogar für erfahrene Biker zu wenig Zeit für eine angemessene Reaktion bleibt. Weitere Erkenntnisse der CMC-Studien zeigen im Gegenzug jedoch auch die Grenzen einzelner Assistenzsysteme auf, vor allem die Verzögerung beim Erkennen von visuellen Warnungen am Armaturenbrett. Im Durchschnitt vergingen 2,5 Sekunden zwischen der Meldung und dem Einleiten des Bremsvorgangs. Fast 17 Prozent der Probanden nahmen die Benachrichtigung gar nicht wahr. Umso mehr ein Grund, sich der Gefahren im Straßenverkehr bewusst zu sein. Mit der nötigen Konzentration sowie dem Überblick über das Verkehrsgeschehen verhelfen Assistenzsysteme Ihnen zu einer wesentlich sicheren Fahrt.
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